Auf Bluesky gibt es gerade eine Diskussion zum Thema „Sportfest“. Der Auslöser war ein Post, in dem jemand erzählte, dass es im Sportfest der Schule jetzt keine Platzierungen und Sieger mehr gäbe, sondern nur noch Teilnehmer, weil es die Schwächeren diskriminieren könne, wenn andere viel besser seien. Es wurde nach Meinungen gefragt und ich habe eine.
Wenn eine Schule ein Sportfest veranstaltet, hat sie mehrere Möglichkeiten:
a) Schüler, die teilnehmen möchten, melden sich an für Wettbewerbe in den Sportarten, die sie bevorzugen.
Das kann dazu führen, dass es für Wettbewerbe keine oder nur wenige Teilnehmer gibt und es war übrigens mein einziger von einer Platzierung gekrönter Erfolg – ich habe in der Grundschule einmal den Wettbewerb im Skilanglauf gewonnen, weil ich die einzige Teilnehmerin war.
Es birgt also Nachteile für die Schule, so zu verfahren. Für die Schüler hat das den Vorteil, dass niemand, der sich an den Wettbewerben nicht beteiligen möchte, das tun muss und somit auch niemand verpflichtet ist, sich zu blamieren. Insofern wäre das meine bevorzugte Methode.
b) Alle Schüler sind zur Teilnahme verpflichtet.
Das kann dazu führen, dass exterm unsportliche Schüler (wie ich) regelmäßig an diesen Wettbewerben scheitern. Hier sehe ich die Schulen und auch die Elternhäuser in der Pflicht, denen, die scheitern, zu helfen, einen Umgang damit zu finden.
Damals, als ich noch jung war, mussten wir jährlich an den Bundesjugendspielen teilnehmen und wir haben es kollektiv gehasst. Der Ablauf war, dass wir an einem Schultag sämtlich auf dem Sportplatz auftauchen mussten und uns im 100-m-Sprint, Weitspringen und Schlagballwerfen (also einen Ball von ca. 5 cm Durchmesser so weit werfen, wie wir konnten) messen. Es mag sein, dass da noch andere Sportarten dabei waren, meine Erinnerung an diese Ereignisse ist nicht mehr sehr deutlich, weil es auch nicht wichtig war. Wir haben für unsere Leistungen Punkte bekommen und am Ende haben wir Urkunden ausgehändigt bekommen, die unsere Teilnahme bestätigten. Es gab zwei Arten von Urkunden, je nachdem, wie viele Punkte man bekommen hatte.
Aber zurück zum eigentlichen Thema, ein Wettbewerb mit verpflichtender Teilnahme. Wenn eine Schule so etwas veranstaltet, ist sie meiner Ansicht nach verpflichtet, die Schüler im Rahmen des Sportunterrichts darauf vorzubereiten. Die Schüler müssen wissen, dass die Teilnahme das Ziel ist, nicht das Gewinnen des Wettbewerbs. Sie müssen lernen, sich mit denen, die gewinnen, über den Erfolg zu freuen. Und besonders wichtig: Sie müssen lernen, dass eine schlechte sportliche Leistung kein Grund ist, Mitschüler zu schikanieren.
Verpflichtende Wettbewerbe sind eine gute Möglichkeit, Kindern zu zeigen, dass jeder Stärken und Schwächen hat und dass jede davon einen Wert in sich hat. Deswegen finde ich, dass selbst bei verpflichtenden sportlichen Wettbewerben die Erfolgreichen auch geehrt werden sollten – mit Urkunden, eventuell einer kleinen Medaille oder ähnlichem. Man kann den übrigen Teilnehmern auch eine Kleinigkeit in die Hand drücken, als Anerkennung für die Teilnahme. Was man in meinen Augen nicht tun sollte: Den Erfolgreichen den Erfolg mindern oder nehmen (das beraubt sie auf lange Sicht der Motivation) und den Erfolglosen die Möglichkeit nehmen, den Erfolg anderer anzuerkennen und sich mit ihnen zu freuen.
Boshaftigkeiten hat es schon immer gegeben und ich denke nicht, dass es möglich ist, das aus den Menschen herauszuerziehen; ich denke, dass Boshaftigkeit etwas ist, was Menschen ebenso innewohnt wie Gutartigkeit. Und so finde ich, dass es wichtig ist, dass schon Kinder lernen, damit umzugehen.
An dieser Stelle noch etwas zum Thema Schule allgemein: Ich bin ja nun vor sehr langer Zeit zur Schule gegangen und habe später die Elternseite mitbekommen (auch das ist jetzt schon eine ganze Weile her, mein Großer ist 31, der Kleine 28 Jahre alt). Und ich habe selbstverständlich meine Kämpfe zu führen und sicherlich viel zu kritisieren gehabt. Was mich etwas schockiert hat, als meine Kinder zur Schule gingen, war die Tatsache, dass die Lehrer ihren Erziehungsauftrag so vollumfänglich von sich gewiesen haben. Sie haben sich als Bildungsvermittler gesehen und nichts sonst. Das gehört zu den Dingen, die ich nicht verstehen kann.
Eltern können ihren Kindern eine Auswahl an Verhaltensweisen beibringen, die sie für wichtig und nützlich halten, wenn man sich innerhalb der Gesellschaft bewegen möchte. Die meisten Eltern tun das auch. Ob diese Auswahl nun mit den Regeln, die in einer größeren Gemeinschaft, wie es eine Schule ist, übereinstimmt oder ob diese Auswahl für diese größere Gemeinschaft ausreichend ist, ist eine andere Sache. Eine Schule ist, so wie ich sie verstehe, eine Übungsumgebung auch für eine andere soziale Umgebung als es die Familie ist. In der Schule lernen Kinder also nicht nur Deutsch, Mathe, Sachkunde und dergleichen, sondern sie lernen auch, wie man sich Menschen gegenüber verhält, die man nicht oder nicht so gut kennt wie die eigenen Familienmitglieder. Sie lernen, mit Aktionen und Reaktionen anderer umzugehen, die ihnen fremd sind. Das ist in meinen Augen ein ganz wichtiger Aspekt, den Schule vermitteln soll und muss.
Gerade der Unterricht in den „Begabungsfächern“ (MuKuTu – Musik, Kunst, Turnen) ist hier ein extrem wichtiger Aspekt. Dort lernt man, damit umzugehen, dass angestrengtes Arbeiten einen eben nur bis zu einem bestimmten Punkt bringt, dass hier und da eine Begabung notwendig ist und man lernt, anzuerkennen, dass andere besser sind als man selbst. Gerade Sport kann auch, wenn der Unterricht gut ist, Teamgeist lehren, aufeinander zu achten, miteinander zu arbeiten. Das ist etwas, was in den übrigen Fächern gerade wegen der Systematik, die an unseren Schulen herrscht, weit ins Hintertreffen gerät. Dort wird ständig verglichen, dort ist Zusammenarbeit größtenteils unerwünscht, dort schreibt jeder seine Hausaufgabe, seine Schulaufgabe, seine Klausur oder Prüfung allein und ist auf das Wissen angewiesen, das er sich angeeignet hat. Da wird Einzelkämpfermentalität gelehrt und damit auch Missgunst. Da kann Sport und auch ein Sportwettbewerb einen Ausgleich und einen Perspektivwechsel schaffen – es kommt halt immer sehr auf die Leute an, die unterrichten.
Und so laste ich es tatsächlich vor allem den Erziehern, die die Lehrer in meinen Augen sein müssen, an, wenn Schwächere in der Schulumgebung tatsächlich diskriminert werden, weil sie nicht die Leistung bringen (können), die andere bringen. Wenn das an einer Schule passiert, sollte man meiner Meinung nach nicht die Ehrung der Erfolgreichen abschaffen, sondern mit der gesamten Gemeinschaft daran arbeiten, Diskriminierung (Mobbing, Schikane, wie immer man es nennen will) zu sehen, zu benennen und zu beenden. Ich bin der Ansicht dass das geht. Es ist halt wirklich Arbeit – und nicht jeder Erzieher will diese Arbeit leisten.