Vorgestern stieß ich auf eine große Ankündigung: Der neue Superman wird von einem schwarzen Schauspieler dargestellt. Alle Welt jubelt und feiert – für mich fühlt sich das aber unangenehm an.
Hurra, ein schwarzer Superman! Endlich! Sorry, ich kann es nicht verstehen. Superman war seit seiner Erfindung weiß. Er verhält sich wie ein Weißer, er bewegt sich in einem überwiegend weißen Kulturkreis, seine Kusine ist weiß und er wurde von Weißen ersonnen. Sicher, das kann man strukturrassistisch nennen, das passt ja auch zu der Zeit, in der Jerry Siegel und Joe Shuster den Superman geschaffen haben. Das erklärt auch, warum Frauen lange Zeit die hilflosen, schwachen Wesen darstellen mussten, die in Schwierigkeiten gerieten und ihren Superretter innig angestrahlt haben, sobald die Gefahr gebannt war. Und es ist vollkommen richtig, dass Schwarze, Asiaten, und Angehörige indigener Völker gerade in den spannenden Superheldengeschichten so unterrepräsentiert sind, dass auch dort Identifikationsfiguren dringend notwendig sind.
Dasselbe gilt für Frauen in der Unterhaltungsbranche, auch wenn es da langsam besser wird. Gerade im Moment führt uns die Serie „WandaVision“ auf Disney+ vor Augen, wie viel weiter wir bereits gekommen sind. Die Serie führt den geneigten Zuschauer durch die Sitcom-Kultur von den 50er Jahren bis heute, was ausgesprochen interessant anzusehen ist. Trotzdem wurden auch bei der Darstellung „Frau-statt-Mann“ wirklich Fehler gemacht. Beispielsweise die „Ghostbusters“ von 2016, für den die Hauptrollen mit Frauen besetzt wurden – und die leicht dümmliche Sekretärin ein Mann war.
Ich denke nicht, dass man so einfach aus Weiß schwarz und aus Mann Frau machen kann. Das heißt, natürlich kann man – man wird aber dem Anliegen nicht gerecht. Einer der gelungensten Superheldenfilme der letzten Jahre war „Black Panther“. Dieser Film basiert aber auf einem schwarzen Superhelden innerhalb einer schwarzen Kultur. Ich denke, dass es durchaus möglich ist, einen schwarzen (Super-)Helden innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft überzeugend und vorbildhaft darzustellen. Luke Cage ist ein gutes Beispiel dafür, ebenso Black Lightning. Da muss dann aber auch ein bisschen mehr Kreativität investiert werden als einfach nur ein simples aus-weiß-mach-schwarz. Mich ärgert das und ich finde, dass die Unterhaltungsindustrie es sich hier wirklich zu einfach macht. Nur, weil eine Marke (hier: Superman) eingeführt ist, heißt das nicht, dass man sie dafür nutzen kann, gesellschaftliches Umdenken zu erzeugen. Ich fürchte sogar, dass das danebengehen wird.
Dasselbe gilt für die Frauen. Wirklich interessante Frauenrollen sind rar. Gute Filme, die Frauen realistisch darstellen, kann man mit der Lupe suchen. Entweder es gibt das Weibchen-Schema, das die rehäugige Nicht-Heldin, die ohne männliche Hilfe nicht auskommt, herausstellt oder es ist die Mannweib-Heldin, die niemanden braucht und und auf die Kerle in ihrem Leben dankend verzichten kann. Alles dazwischen ist relativ selten (aber es gibt Filme, die Zwischentöne anschlagen, zum Beispiel den Film Courage under Fire [deutsch: Mut zur Wahrheit] aus dem Jahr 1996). Interessante Frauenrollen sollten meiner Ansicht nach Frauen zeigen, die sich wie Frauen verhalten – und da gibt es hier und da Unterschiede zum männlichen Verhalten, ohne dass man da auf das Klischee der Jungfrau in Nöten zurückgreifen müsste.
Das wünsche ich mir von Filmemachern: Dass sie tatsächlich in die Welt derer eintauchen, die sie porträtieren wollen, die kulturellen Hintergründe zeigen, aufzeigen, wie wir unterschiedlich sein können, ohne dass wir voneinander getrennt sein müssen. Sie sollen Licht werfen auf das, was im Schatten ist, Stärken und Schwächen zeigen. Schwarz ist nicht weiß, weiblich ist nicht männlich, Plus ist nicht minus. Wenn wir wollen, dass wir gesellschaftlich zusammenwachsen, müssen Unterschiede so selbstverständlich werden, dass sie keine Rolle mehr spielen und wir müssen wahrnehmen, dass das Gleiche eben nicht dasselbe ist. Das ist weder Rassismus noch ist es Sexismus – und es ist schon mal überhaupt keine Gleichmacherei. Wer Vielfalt will, muss meiner Ansicht nach die Vielfalt leben lernen.
Aus Sicht des deutschen Kulturkreises sind Besetzungen in Remakes durch farbige Schauspieler eher seltsam, da wir nicht den kulturellen Hintergrund einer entsprechenden Gesellschaft haben. Hier gilt sicher für die amerikanische Gesellschaft andere Regeln und Empfindungen als für uns. Dennoch ist es so, dass die Erfahrung zeigt, dass Remakes mit dem Versuch eine sozialpolitische Message durch entsprechende Besetzung zu vermitteln, eher beim Zuschauer scheitern (Beispiel Ghostbusters). Dass es natürlich sehr gute Filme mit farbigen, oder weiblichen Helden gibt wird hier gerne übersehen, wie zum Beispiel Hancock, die Blade Serie, oder auch Catwoman.
Ich bin mir relativ sicher, dass der neue Superman Film das gleiche Schicksal erfährt wie alle anderen Remakes dieser Art: Hochgelobt der Diversität – ein Fail an der Kinokasse.