Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind verschiedene Grundrechte verankert. Dazu gehören die in diesem Zusammenhang wichtigen Rechte auf
- Schutz der Menschenwürde
- freie Entfaltung der Persönlichkeit, allgemeine Handlungsfreiheit,
- informationelle Selbstbestimmung, Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme
- Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit
- Versammlungsfreiheit
- Vereinigungsfreiheit
- Unverletzlichkeit der Wohnung
- Petitionsrecht
- Widerstandsrecht
Es gibt einen weiteren Rechtsgrundsatz, der in einer Demokratie grundlegend wichtig ist, weil es ohne diesen Rechtsgrundsatz keinen Rechtsstaat geben kann: Die Unschuldsvermutung.
Diese Rechte und Prinzipien wischt der Innenminister der Bundesrepublik Deutschland, Herr Dr. Hans-Peter Friedrich, jetzt zugunsten eines von ihm so genannten „Supergrundrechts“ vom Tisch – nämlich des „Supergrundrechts auf Sicherheit“, wie die „Welt“ berichtet[1].
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ein Doktor der Rechtswissenschaften entblödet sich nicht, wahrhaftig ein „Supergrundrecht“ zu definieren, das er über die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland definierten Grundrechte stellt. Von eigenen Gnaden, wie es scheint.
Es gibt kein Supergrundrecht. Es gibt kein Recht, das über dem Grundgesetz steht. Herr Dr. Friedrich stellt mit dieser Aussage Geheimdienste über das Recht, das uns allen im Grundgesetz zugesichert wird. Das ist eine derartige Ungeheuerlichkeit, dass es mir den Atem verschlagen hat!
Wohin ein Superminister ein Land mit solchen Superrechten führen kann, haben gerade wir in Deutschland gesehen. Gerade die Deutschen sollten wissen, wie gefährlich das Spiel ist, das unser Bundesinnenminister hier spielt, wie schnell dieses „Supergrundrecht“ dazu führen kann, dass Millionen von Menschen in einer Art riesigem Käfig gefangen sind, wie leicht es passieren kann, dass dieses „Supergrundrecht“ dafür benutzt wird, bestimmten Menschen, die nichts tun als ihre Grundrechte – beispielsweise auf freie Religionsausübung – wahrnehmen, die Freiheit, die Selbstbestimmung, ja sogar das Leben zu nehmen. Das können gerade wir in Deutschland nicht wollen!
Es gibt kein „Supergrundrecht“, genausowenig wie es „Superstars“, „Supermodels“ oder „Superminister“ gibt. Die Vorsilbe „Super-“ soll den Eindruck erwecken, dass etwas ganz besonders groß oder wichtig sei. Es gibt nichts, was in der Gesellschaft größer und wichtiger ist als die Grundrechte jedes einzelnen Bürgers!
Ich fordere Herrn Dr. Friedrich auf, endlich zu begreifen, dass er für die Gesellschaft nichts anderes ist als ein Primus inter Pares, einer, der durch Wahl und Auftrag der Gesellschaft dient und ihre Interessen zu schützen hat, indem er dafür sorgt, dass jeder Mensch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die Grundrechte gewährt bekommt und dass Ermittlungsbehörden – auch Geheimdienste – sich an den gesetzlichen Rahmen halten, dem wir alle unterliegen. Das ist die ureigene Aufgabe des Bundesinnenministers, nichts anderes.
Wenn nun ein anderer Staat hingeht und Menschen, die sich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, massenhaft und anlaßlos ausspioniert, dann erwarte ich vom Bundesinnenminister, von der Kanzlerin und vom Bundesaußenminister, dass das zumindest entsprechend gerügt wird und für Abhilfe gesorgt wird, selbst wenn es sich bei diesem anderen Staat um die Vereinigten Staaten von Amerika handelt. Verhandlungen über erweiterte Zusammenarbeit und die Definition eines „Supergrundrechts“ sind in keinem Fall eine angemessene Reaktion eines souveränen Staates.
[1] Bedauerlicherweise gehört die „Welt“ zu den Verlagen, die das Leistungsschutzrecht unterstützen, weswegen hier nicht direkt verlinkt werden kann. Für diejenigen, die den Artikel gern lesen möchten, kommt der URL hier zum Kopieren: http://www.welt.de/politik/deutschland/article118110002/Friedrich-erklaert-Sicherheit-zum-Supergrundrecht.html