Weltreligionstag

Morgen ist Weltreligionstag. Das heißt, eigentlich heute, denn ich werde den Text, den ich heute schreibe, natürlich erst morgen veröffentlichen. Also ist heute Weltreligionstag. Ist ja eigentlich auch egal, aber ich weiß nicht recht, wie ich diesen Text anfangen soll, also rede ich erstmal ein wenig um den heißen Brei herum. Ja.

Dieser Weltreligionstag wurde 1950 durch die Nationale Geistliche Versammlung der Bahai der Vereinigten Staaten initiiert und wird seitdem jährlich gefeiert. Ja. Ich habe Fragen. Fangen wir mal mit der ersten an: Wer sind denn bitte die Bahai?

Ein gewisser Bahāʾullāh gründete das Bahaitum Mitte des 19. Jahrhunderts als universale Religion. Hehres Ziel ist, die Erde als „nur ein Land und alle Menschen seine Bürger“ zu betrachten. Die Religion ist monotheistisch, glaubt an einen allwissende und allliebenden Gott. Das ist übrigens das, was mir immer kalte Schauer den Rücken heruntergejagt hat: Gott weiß alles und sieht alles. Sozusagen permanente, totale Überwachung und wehe, du machst was, was Gott nicht passt, dann ist aber was los. Aber ich greife vor, bleiben wir noch kurz bei den Bahai.

Ich kann mich jetzt nicht hinsetzen und das ausrecherchieren, aber mir scheint, dass diese Religion ihre Gläubigen relativ wenig einschränkt; sie sieht Gott als den übergreifenden Gott aller Weltreligionen. Ähm, ja, hier würde es wirklich zu kompliziert. Meine Einschätzung: Schöne Idee, aber das klappt nicht.

Religion generell ist etwas, was ich allen Menschen, die glauben können, von Herzen gönne. Glaube gibt, wenn richtig praktiziert, Hoffnung und er erdet auch. Religion dagegen ist der äußere Rahmen, der sich tatsächlich als haltgebend erweisen kann, aber eben auch als eine Art Gefängnis. So bin ich regelmäßig wirklich enttäuscht von der Übergriffigkeit und der Engstirnigkeit der Religionen. Statt Liebe als solche zu sehen und anzuerkennen, werden Homosexuelle bestraft – bestenfalls mit Ave Maria und Vaterunser, schlimmstenfalls mit dem Tod. Je nach Religion und radikaler Ausübung durch den jeweiligen Klerus. Wie soll ich solche Leute ehren?

Gerade im Christentum tropft die Moralinsäure nur so von den Kanzeln – ich rede nicht vorwiegend von Deutschland, aber sicherlich auch. Da wird Sex als etwas ungebührliches, unerwünschtes, ja ein simples Mittel zum Zweck angesehen. Das darf bloß keinen Spaß machen, um Himmels willen. Der einzige Grund für Sex ist das Zeugen von Kindern. Wehe dem, der da versucht, eine Schwangerschaft zu verhüten! Wenn Sex, dann ohne Netz und doppelten Boden, Kinder sollt ihr zeugen, egal, ob ihr sie ernähren könnt oder nicht. Der Herr wird sich schon kümmern.

Und wenn gesichert ist, dass ein Kind die Geburt nicht überlebt? Kommt drauf an. In Polen hat 2020 das Verfassungsgericht entscheiden, dass auch diese Kinder ausgetragen werden müssen. Der Präsident erklärt, warum: Damit diese Kinder wenigstens im katholischen Sinne getauft und beerdigt werden und einen Namen bekommen können. Dafür müssen sich also Mütter durch eine Schwangerschaft quälen, die sicher mit dem Tod des Kindes endet. Dafür müssen dann auch die Kinder leiden und sterben. Ja, sehr christlich.

Ich äußere mich jetzt nicht über andere Religionen, obwohl ich das könnte. Nur so viel: Es ist mit Sicherheit nicht Gott, der will, dass Neugeborene, Kleinkinder oder Kinder in der Vorpubertät chirurgischen Eingriffen ausgesetzt werden, die übelste gesundheitliche Auswirkungen haben können oder sogar zum Tod führen. Es ist unter Garantie nicht Gott, der Paare (ob verheiratet oder nicht) gängelt und ihnen vorschreibt, wie sie ihre Sexualität zu leben haben. Es ist bestimmt nicht Gott, der will, dass Frauen für jeden Schritt, den sie tun, ihren Mann um Erlaubnis bitten müssen und es ist nicht Gott, der Kindern, speziell Mädchen, Bildung verweigert. Nein, das sind Menschen, und zwar solche, für die es praktisch ist, andere Menschen mit diesen Moral“gesetzen“ im Griff zu halten.

Wenn wir Kinder Gottes sind, dann können wir uns in Zuneigung umeinander kümmern, ohne körperliche und soziale Einschränkungen hinzunehmen. Und wir wachsen vermutlich wesentlich liebevoller und unbeschwerter als Gesellschaft zusammen.

In diesem Sinne: Liebe Religiöse, lebt gerne euere Religion; aber zerreißt dieses Netz aus Vorschriften, Vorurteilen, Verboten und Geboten. Vielen Dank.

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