Fortsetzung: Frauen und Politik

Neulich habe ich ja – eigentlich aus einem leicht verärgerten Reflex heraus – einen Blogbeitrag für Herrn Ramelow geschrieben. Er hat ihn gelesen, was mich sehr freut und seine Antwort seinerseits in einen Blogbeitrag („Keine Angst vor Parität“) gefasst, was mich noch mehr freut. Das Thema an sich ist aber noch nicht ausdiskutiert und so setze ich einfach mal an dieser Stelle fort.

Herr Ramelo schreibt sehr ausführlich über die Geschichte des Kampfs um Rechte, den Frauen führen mussten. Das ist alles sehr richtig und wir sollten uns immer an das erinnern, was für uns erkämpft wurde. Es gibt nicht viele Selbstverständlichkeiten. Ich selbst bin im Jahr 1965 geboren und habe beispielsweise den Streit um den Paragraphen 218 auf jeden Fall mitbekommen. Frauen haben sich in unserer Gesellschaft vieles erkämpfen müssen, was eigentlich selbstverständlich sein müsste und Marie Juchacz hatte sicherlich recht damit, dass die Frauen eigentlich keinen Dank schuldig sind, wenn ihnen Rechte zugestanden werden, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollten. Zumindest den Männern sind wir keinen Dank schuldig, die uns diese Rechte dann endlich eingeräumt haben.

Wem wir, die Frauen, die heute diese Rechte in Anspruch nehmen können, wirklich Dank schulden, das sind die Frauen, die das alles für uns durchgefochten haben. Und für uns gehen damit Verpflichtungen einher: Wir dürfen nicht auf der Stelle treten und wir dürfen uns nicht in eine passive Rolle drängen lassen. Die Herren der Schöpfung möchten gern mehr Frauen in der Politik? Ok, gern. Dann schlage ich vor, dass hinterfragt wird, warum tatsächlich deutlich weniger Frauen daran interessiert sind, sich (partei-)politisch zu engagieren. Parlamentarische und innerparteiliche Arbeit unterliegt ja immer einer gewissen Systematik. Vielleicht sind eher das die Schrauben, an denen man drehen muss, anstatt Vorschriften zu machen, die sich auf Anzahlen beziehen. Die Frage lautet also nicht „Wie können wir die Männer zwingen, mehr Frauen zuzulassen?“. Denn es ist ja nicht so, als ob scharenweise Frauen vorhanden wären, die gern Listenplätze, Vorstandsämter oder sonstige Partei- und Politikjobs haben wollen. Die Frage, die geklärt werden muss, ist die nach der Motivation von Frauen, sich politisch zu engagieren. Auf welchen Gebieten engagieren sich Frauen, wenn sie sich politisch engagieren? In welchen Zusammenhängen tun sie das? Ist die (partei-)politische Organisation, die Systematik, die hier gewachsen ist, Frauen abträglich? Welche Veränderungen braucht es, um mehr Frauen in Parlamente und politische Organisationen zu bringen? Wenn wir schon in diesen Bahnen denken müssen (was ich nicht gern tue), dann sind das Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor überhaupt über Quoten geredet werden kann. Das wäre in meinen Augen fortschrittlich: Das bestehende System auf Fehler prüfen und diese Fehler zu bereinigen, anstatt es beizubehalten und nur mit einer Quote neu anzumalen. Zumindest dann, wenn wir ausschließlich binär denken, im Sinne von „es gibt Männer und Frauen und sonst nichts“.

Wirklich progressiv ist aber meiner Ansicht nach neben der Überprüfung unseres politischen Systems vor allem die Anerkennung der Tatsache, dass wir (und hier wiederhole ich mich) vorwiegend an dem Menschenbild in unserer Gesellschaft arbeiten müssen. Menschen sind zunächst vor allen Dingen einmal Menschen, das ist der gemeinsame Nenner. Unsere Gesellschaft arbeitet meiner Überzeugung nach viel zu intensiv an Trennung und Abgrenzung. Es bilden sich – vor allem in linken Gefilden, bedauerlicherweise – immer mehr Grüppchen, die ihre Sichtweise als die jeweils einzig Wahre betrachten. Wer anderer Ansicht ist, ja, wer auch nur der Ansicht ist, dass etwas nicht so funktionieren wird wie vorgeschlagen, der sieht sich sehr schnell unterirdischen Vorwürfen ausgesetzt. So werden die Gemeinsamkeiten der Menschen innerhalb der Gesellschaft immer weniger, es gibt immer mehr, was spaltet (letztlich tut die Aufteilung von zu repräsentierenden Menschen in Mann und Frau das ja auch). Es reicht nicht mehr, Feministin zu sein, nein: Man muss das auch auf die richtige Art und Weise sein. Ich bin an dieser Stelle froh, dass mir von Herrn Ramelow zugestanden wird, dass ich meine Ansicht habe, auch wenn er sie nicht teilen kann. Das ist absolut ok, damit kann ich fabelhaft leben.

Nichtsdestoweniger greifen Quoten meiner Ansicht nach grundsätzlich zu kurz und erziehen in die falsche Richtung. Ich fühle mich dabei, als würde mir die Fähigkeit aberkannt, für mich und meine Bedürfnisse einzustehen. Ich werde in einen geschützten Raum getrieben, in dem ich mich mit mit denen befinde, die von außen als meinesgleichen definiert werden, anstatt im allgemeinen Raum mit allen zu sein. Warum traut man mir, warum traut man das den Frauen nicht zu? Warum meint man, uns da helfen zu müssen – und dann auch noch auf diese Weise? Sorry, es ist einfach nicht mein Weg.

Zusammenfassend: Lasst uns doch einfach einmal anerkennen, dass die Menschen nicht einfach so in Mann/Frau-Kategorien einzuteilen sind. Sicher gibt es – speziell mit Blick auf die Familienpolitik – da geschlechtsspezifische Probleme, die zu lösen sind. Das rechtfertigt aber keinesfalls eine solche Einschränkung wie es diese „Paritätsgesetze“ nun einmal sind. Und sie werden der Gesamtheit der Frauen ebensowenig helfen wie die Frauenquote in Führungspositionen der Friseurin oder der Automechanikerin helfen wird. Die Quote trennt, sie sorgt für Hervorhebung von Unterschieden. Ich finde, wir sollten daran arbeiten, unsere Gemeinsamkeiten zu stärken. Lasst uns doch bitte da mal drangehen – zusammen.

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